Kleines Aarau plant Schweizer Rekord!

03.09.2023@02:18
Mammut-Schule Aarau

Die Bevöl­kerung von Aarau darf sich freuen. Der Stadt­rat plant im edlen Wett­streit um Grösse zwischen der Kantons­haupt­stadt, Wettingen und Baden einen veri­tablen Befreiungs­schlag. Be­kannt­lich ist es Aarau im Rennen um die Ein­wohner­zahlen auch nach vielen Jahren nicht gelungen, dem rest­lichen Feld davon­zu­ziehen – der gran­dios geschei­terte Zukunfts­raum lässt grüssen. In der Dis­zi­plin «Schul­grösse» nimmt Aarau nun aber noch einmal Anlauf.

Aarau plant nämlich einen Schweizer Rekord! Um satte 25% will man die – gemäss Bundes­amt für Statistik – grösste Ober­stufen-Schule der Schweiz über­treffen. Im neuen Ober­stufen­zentrum Telli sollen der­einst 1'200 bis 1'300 Schüle­rinnen und Schüler (SuS) beschult werden. Nicht einmal Gross­städte wie Zürich, Lausanne oder Genf leisten sich solche Mammut-Schulen, die weder im Sinne der Lehrer­schaft geschweige denn zum Wohle der Kinder sind.

Das Vor­gehen von Aarau ist dies­be­züglich sehr eigen: Alles wird techno­kratisch «von oben herab» geplant, d.h. weder wurden Wünsche und Bedenken der Lehrer­schaft abge­holt, noch hatte die Bevöl­kerung zu den «stra­te­gischen Zielen» der Kreis­schule Aarau-Buchs irgend etwas zu sagen. Im Septem­ber 2019 hat ein kleiner Kreis von erlauchten «Vor­denkern» in der dama­ligen Kreis­schulpflege ent­schieden, wie die schu­lische Zukunft der Aarauer Kinder aus­sehen soll; man hat in die Schul­raum­bestel­lung expli­zit den Zusatz «an einem Stand­ort» ge­schrie­ben, und der Stadt­rat hat sich sofort willig an die Um­setzung gemacht. Mittler­weile sind drei Jahre ver­strichen, und seit der Gründung ist die Kreis­schule Aarau-Buchs (KSAB) perma­nent im Umbruch (mit Aus­nahme einer ein­zigen Person wird im Jahr 2023 die gesamte Geschäfts­leitung neu besetzt). Das Resul­tat solcher strato­sphä­rischer Fluk­tua­tions­raten ist ein «Verantwortungsvakuum», das seinesgleichen sucht.

Statt Evo­lu­tion ist Revo­lu­tion ange­sagt: Ge­wachsene Struk­turen will man mut­willig zer­stören (Schul­haus OSA im Schachen ab­reissen, das Zelgli­schul­haus Aarau an den Kanton abtreten), damit einer flach­ge­klopften Ober­stufe – be­schöni­gend auch als «stufen­durch­mischte, inte­gra­tive Sekundar­stufe I» be­zeich­net – mög­lichst nichts im Wege stehen wird. Die in ge­heimen Ver­handlungen zwischen Kanton und Stadt aus­ge­handel­ten Ver­träge zum Land­ab­tausch sind sogar schon unter­schrieben und falls sie im Novem­ber 2023 von den Orts­bürgern und im Ein­wohner­rat durch­ge­wunken werden, so dürfte es äusserst schwierig werden, die grösste Mammut-Schule der Schweiz noch zu verhindern.

Noch ist es aller­dings nicht zu spät, die Weichen anders zu stellen. Die Stadt hat zwar schon weit mehr als 1 Million Franken ver­pulvert für Ab­klä­rungen und Vor­studien, Ver­hand­lungen mit dem Kanton, ver­waltungs­interne Arbeiten und einen Projekt­wett­bewerb für 600'000 Franken. Innert weniger Wochen haben nun aber die Aarauer Christoph Alder (Schul­leiter Bezirks­schule Windisch) und Christoph Müller (Ein­wohner­rat Aarau) ein hoch­moti­viertes Team von Spe­zia­listen aus Päda­gogik, Schul­raum­planung, Recht, Städte­bau, Archi­tektur usw. um sich geschart, das mit einem schlan­ken Mini-Budget nicht nur Lehrer­schaft, Eltern und die breite Bevöl­kerung aufklärt, sondern auch Stadt­rat, Ver­wal­tung und Kreis­schule immer wieder dazu ermun­tert, bei der Schul­raum­planung die Bedürf­nisse von Schul­kindern und Lehr­personen adäquat zu gewichten. Inspi­rierte und moti­vierte Leh­re­rinnen und Leh­rer sind das mit Ab­stand wich­tigste Akti­vum einer Schule. Ver­schie­dene Aus­sagen der ver­ant­wort­lichen Stadt­rätin lassen einen aller­dings be­fürch­ten, dass sie sich dieser Tat­sache nicht wirk­lich bewusst ist.

Die Stra­te­gie von «Aarau auf Kurs» ist klar: Oberstes Ziel ist die Ver­hinderung der grössten Mammut-Schule der Schweiz. Egal ob diese auf der Leicht­athletik-Anlage in der Telli (Plan A) oder in den Gön­hard­gütern (Plan B) gebaut wird. Mit zu­nehmen­der Grösse der Schul­anlagen werden diese näm­lich nicht nur anonym, auch die un­schönen Neben­er­schei­nungen wie Gewalt, Vanda­lismus usw. werden expo­nen­tiell grösser. Die Gegner der Mammut-Schule wollen Stadt­rat und Kreis­schule dazu bringen, dass die Ober­stufe Aarau wie bis­her auf zwei oder mehr Stand­orte über­schau­barer Grösse verteilt ist, zum Wohle der Schul­kinder. Auch zukünftige Gene­ra­tionen sollen in den Genuss von sicheren und über­schau­baren Schul­anlagen kommen, wo moti­vierte Leh­re­rinnen und Leh­rer zufrie­denen Kindern Wissen und Fähig­keiten vermitteln, die für ein erfoglreiches Navigieren unserer laufend komplexer werdenden Gesellschaft und Umwelt dringend benötigt werden.



Dieser Beitrag ist am 10-SEP-2023 auch auch als Gastbeitrag auf nau.ch erschienen. Die Leserinnen und Leser lehnen die Idee einer Mammut-Schule sehr deutlich ab:
nau.ch Abstimmung
Stand 14-SEP-2023

Weitere Infos sind auf https://AarauAufKurs.ch und https://zelglischulhaus.ch verfügbar.

Video «Schweizer Rekord!»