Bundesgericht — klares Mitteldamm-Urteil

26.01.2025@16:02
Guess who's back

Das Bundes­gericht hat am 8. Januar 2025 — exakt 3 Monate nach dem Hammer­urteil des Ver­waltungs­gerichts des Kantons AG vom 8. Oktober 2025 — eben­falls ein klares Urteil gefällt gegen die Eniwa und den Regierungs­rat des Kantons SO.

Inter­essanter­weise behauptet die Eniwa — weiter­hin, dass sich alle Probleme mit dem «Nachreichen von ein paar Dokumenten» werden lösen lassen:

Medien­mit­tei­lung der Eniwa vom 24.01.2025: Eniwa hat den Ent­scheid des Bundes­gerichts bezüg­lich des Ver­fahrens im Kanton Solo­thurn zur Erneuerung des Wasser­kraft­werks Aarau zur Kenntnis genom­men. Das Bundes­gericht weist die Sache zur erneuten Beurteilung der Beschwerde­legitimation an das Verwaltungs­gericht des Kantons Solo­thurn zurück.
Der Bundes­gerichts­entscheid bestätigt zudem, dass die beiden Verfahren in den Kantonen Aargau und Solothurn bisher korrekt durch­geführt wurden.
Eniwa CEO Hans-Kaspar Scherrer ergänzt: «Wir sind gegen­wärtig daran, die vom Aar­gauer Ver­waltungs­gericht geforderten Dokumen­tationen zu den Varianten, die Er­weiterung des Umwelt­ver­träglich­keits­berichts und die Interessen­abwägung betref­fend dem Bundes­inventar der schützens­werten Orts­bilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) nach­zu­liefern. Auch werden wird die Aus­wirkungen dieses Bundes­gerichts­urteils auf das Ver­fahren im Kanton Aargau prüfen.»

Kann man so sehen, oder auch nicht. Gemäss Ein­schätzung von Kennern der Materie sieht es aber eher so aus, dass die Eniwa nun nach diesen zwei weg­weisenden Urteilen (VGer AG, BGer) sowohl im Kanton AG als auch im Kanton SO zurück auf Feld 1 ist. Auch der Verein «Rettet den Mitteldamm» schätzt die aktuelle Lage leicht anders ein als die Eniwa:

Presse­erklä­rung des Vereins «Rettet den Mitteldamm» vom 21.01.2025:
Eniwa blitzt auch vor Bundes­gericht ab
Das Ver­waltungs­gericht Solo­thurn wollte auf die Ein­sprachen gegen das Kraft­werk­projekt der Eniwa gar nicht ein­treten – das Bundes­gericht hat diesen Ent­scheid nun voll­ständig um­gestossen und die Beschwerde der Anwohne­rinnen und Anwohner gut­ge­heissen...
Beide Instanzen – das Ver­waltungs­gericht Aargau und das Bundes­gericht – haben die Kritik an der Projek­tie­rung und am Vor­gehen der Eniwa klar geteilt. Die Eniwa hält sich bei ihrem Vor­gehen nicht an die geltenden Gesetze. Es liegen klare Ver­stösse vor. Die massiven Ver­zöge­rungen, die so ent­stehen, sind darum nicht den Ein­sprechenden und dem Verein Rettet den Mittel­damm anzu­lasten, sondern allein der Eniwa. Es gibt gute Lösungen, das Kraft­werk zu sanieren, die Strom­produktion zu erhöhen, die zusätz­lichen Bundes­subventionen zu erhalten und den­noch die bestehenden Gesetze einzu­halten. Der Verein Rettt den Mittel­damm bietet stets Hand, diese zu reali­sieren. (alles lesen)

Es ist sicher keine Über­raschung, dass die Inter­pretation von Gerichts­entscheiden einer gewissen Band­breite unter­liegt. Die Propaganda-Abteilung der Eniwa verbreitet mit grossem Budget (finanziert aus einem Topf, in den wir alle als Zwangs­kunden dieses Monopol­betriebs ein­zahlen müssen) seit mehr als 10 Jahren ihren «Narrativ», der nur so gespickt ist mit falschen Behauptungen («der Mittel­damm ist nicht geschützt», ...) und Halb­wahr­heiten. Nur dank den Anstrengungen des Vereins «Rettet den Mitteldamm» wurden die Gerichte über­haupt in die Lage versetzt, hier endlich korrigierend ein­zu­greifen.

Amüsant ist, dass die AZ die Mitglieder eines Verein, der trotz knapper Finanzen hoch­professionel und äusserst effi­zient unter­wegs ist — und wenige Monate nach einem klaren (und materiellen!) Entscheid des Ver­waltungs­gerichts AG nun eben auch einen klaren AZ Mitteldamm-Fans Entscheid durch das Bundesgericht hat erwirken können — weiter­hin als «Mitteldamm-Fans» betiltet. Einer­seits kann es Vor­teile haben, wenn der Gegner einen unter­schätzt, anderer­seits wäre es langsam an der Zeit, dass die Medien ihre Haus­auf­gaben machen. Das Geschreibsel ohne Sach­kenntnis wird der Trag­weite des Streits um den Erhalt des Mittel­damms nicht gerecht: Es geht nämlich um weit mehr als nur den Erhalt des «Amazonas der Schweiz»:

Es geht beim Streit um den Mittel­damm um das gesell­schafts­politische Anliegen, dass unsere Eniwa, die Stadt Aarau, die Kantons­verwaltungen, die Kantons­regierungen — und im Falle Solo­thurn sogar das Verwaltungs­gericht — sich endlich an die bestehenden Gesetze halten, was sie seit 10 Jahren alle nicht tun!

Sowohl das Verwaltungs­gericht AG als auch das Bundes­gericht haben zweifels­frei ein eklatantes Versagen des Rechts­staates fest­gestellt! Wieso stellen die Medien — als vierte Gewalt — nicht endlich ein paar ernsthafte Fragen?

  • Die Eniwa will seit 2013/2018 das Wasser­kraft­werk Aarau total­sanieren – und ist nun nach mehr als 10 Jahren Planung wieder zurück auf Feld 1. Die Planungs­kosten dürften im Bereich von 2 bis 5 Millionen Franken liegen. Das stümper­hafte Vorgehen der Eniwa hat nun aber dazu geführt, dass wegen selbst ver­schuldeter Ver­zöge­rungen jede Sekunde Hundert­tausende von Litern unter­nutzt die Aare runter­fliessen. Den Eigen­tümern (Stadt Aarau) entsteht so pro Jahr ein Schaden von mehreren Millionen Franken! Wo liegen die Ursachen? Welche Lehren sind zu ziehen?
  • Alle Verfahren sind offenbar so fehler­haft, dass das Bundes­gericht und das Ver­waltungs­gericht AG die Eniwa nach Hause schicken, um die Haus­auf­gaben richtig zu machen. Wer ist bei der Eniwa verant­wortlich für diese Strategie resp. deren Umsetzung? Das Füttern mit «Schön-Speak» muss nun ein Ende haben.
  • Warum geht die Eniwa über viele Jahre so «fehler­haft» vor, obwohl die besorgten Anwohne­rinnen und Anwohner und der Verein «Rettet den Mitteldamm» von Anbeginn auf die Fehler und Lücken hingewiesen haben? Wessen Inter­essen bedient die Eniwa eigent­lich mit dieser «mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Strategie»? Ist irgend jemand in der Ge­schäfts­leitung oder im Ver­wal­tungs­rat der Eniwa zu­ständig für Lang­frist-Planung und Risiko-Mana­ge­ment? Wer wird schluss­end­lich gerade­stehen für die sub­stan­ziellen ent­gan­genen Erträge, die das Top-Mana­ge­ment ganz alleine zu ver­ant­worten hat? Es ist unerheblich, ob die Eniwa mit Vorsatz oder wegen Unfähig­keit ein Projekt durch­drücken will, das nicht im Einklang mit geltenden Gesetzen ist. Ver­waltungs­rat und Geschäfts­leitung sollten bald­möglichst neu bestellt werden!
  • Warum will der Verwaltungs­rat der Eniwa keine Kompromiss­lösungen in Betracht ziehen? Wieso verweigert er sich jeglichen Gesprächen mit jenen Gruppen, die sich für den Erhalt des Mittel­damms einsetzen? Wann ist der Ritt auf dem hohen Ross vorbei?
  • Warum reagieren eigent­lich erst die vor­letzte Instanz (Kanton AG) resp. die letzte Instanz (Kanton SO)?
  • Warum will das Ver­waltungs­gericht Solo­thurn dieses Ver­fahren ein­fach «abtischen» – und nimmt dabei eine krasse Rüge des Bundes­gerichts in Kauf?
  • Welches Rolle spielt eigent­lich der Aarauer Stadt­rat? Wann wachen die Eigen­tümer der Eniwa (die Stadt Aarau besitzt 95.37% der Eniwa Holding AG) end­lich auf? Wessen Interessen vertritt der Stadtrat?
  • Warum lehnt der Stadt­rat jede Ein­ladung zu einem vermittelnden Gespräch kalt ab?
  • Warum winken die kantonalen Fach­stellen, die das Gesuch behandeln, dieses einfach durch – in voller Kenntnis der Gesetzes­lage und der Argumen­tation der Ein­spreche­rinnen und Ein­sprecher?
  • Warum winken der Regierungs­rat Solo­thurn und der Regierungs­rat Aargau (verant­wort­lich ist Stephan Attiger, der seinen eigenen Slogan «Die natür­lichen Ressourcen schützen und die Lebens­qualität erhöhen...» komplett ignoriert) dieses Kon­zessions­gesuch in voller Kenntnis der Gesetzes­lage und der Argumen­tation der Ein­spreche­rinnen und Ein­sprecher einfach durch?

Ich bin gespannt auf die Antworten!




KARMA

«Jede noch so unbe­deutende Hand­lung wird schliess­lich mit gleicher Wirkung zum Täter zurück­kehren. Das Gute wird mit dem Guten zurück­gegeben, das Böse mit dem Bösen.»
Nishan Panwar zum Thema Karma