Sinn­lose Ver­schwendung mit ESG

17.10.2024@17:14 [aktualisiert 30.10.2024]
Weckruf

Am 23. Mai 2024 habe ich dem Stadt­rat ein paar Fragen gestellt zur Um­stel­lung der ge­misch­ten Sammlung von Alt­papier und Alt­karton auf ge­trennte Samm­lung. Die Fragen ziel­ten darauf ab heraus­zu­finden, ob die für alle sehr müh­same, ge­trennte Samm­lung tat­säch­lich etwas bringt oder ob es sich um eines der ideo­lo­gischen ESG-Projekte (ESG steht für Environment, Social, Governance — hier erklärt) aus der mar­xis­tisch be­feuerten UNO Agenda 2030 handelt, die in der Ideo­lo­giestadt Aarau seit vielen Jahren Hoch­kon­junk­tur haben.

Nun liegen die Antworten des Stadt­rats vor. Was folgt ist nur für starke Nerven, da sich meine schlimmsten Be­fürch­tungen be­stätigt haben:

  • Ökologischer Unsinn
    Die Um­stellung bringt der Um­welt absolut nichts, im Gegen­teil: Papier und Karton wurden schon mit dem alten System separat rezikliert, und das ganze Theater um «ein­ge­spartes» CO2 ist reine Augen­wischerei und ideo­lo­gisches Geplapper. Die be­hauptete Ein­sparung von 7.6 t CO2 liesse sich für schlappe CHF 190 kompen­sieren auf myclimate, aber wie sinn­voll sind denn 2'450 zu­sätz­liche Kilo­meter (7 Sam­mel­touren à 350 km) auf Stadt­gebiet mit einem schweren Diesel­fahr­zeug? Es geht hier um zu­sätz­liche und ganz­lich unnötige Lärm- und Luft­ver­schmutzung mitten in der Stadt, welche die Linken sonst bei jeder Gelegen­heit bekämpfen (nicht ein­mal Busse dürfen in Zukunft durch die Innen­stadt fahren...). Nur ein ESG-Ideo­loge kann so etwas als Gewinn für die Um­welt verkaufen; schlimm, dass die Sheople (= Schlafschafe) diesen Unsinn dann auch noch glauben...
  • Ökonomischer Unsinn
    Statt 7.6 t CO2 bei myclimate für ca. 190 Franken zu kompen­sieren, wird die Bevöl­kerung mit un­nötigen Mehr­kosten von deut­lich über 100'000 Franken belastet (im Ver­gleich zum Durch­schnitt der Jahre 2021 und 2022); das ent­spricht einer Kosten­stei­ge­rung von mehr als 50%, und das bei einer deut­lichen Ver­schlechterung der Dienst­leistung! In dieser Zahl sind die direkten Mehr­kosten der Ein­wohne­rinnen und Ein­wohner von Aarau noch gar nicht berück­sichtigt; ich denke da an den Mehr­auf­wand fürs Tren­nen, die Lager­kosten (weil man Karton und Papier z.T. deut­lich länger als einen Monat bei sich lagern muss) und die Tat­sache, dass man die Wert­stoffe neu 19 Mal pro Jahr statt nur 12 Mal pro Jahr raus­stellen muss.
    In den Folge­jahren wird es übri­gens nicht besser. Auch 2024, 2025 und bis in alle Ewig­keit wird die getrennte Samm­lung von Alt­papier und Alt­karton jedes Jahr Mehr­kosten von deut­lich über 80'000 Franken ver­ur­sachen.
  • Reduzierte Service-Qualität und Kunden­zufrieden­heit
    Es ist zwar korrekt, dass einige Kunden mit dem neuen System glück­licher sind, weil man an ge­wis­sen Orten (z.B. in der Telli) zu­sätz­liche Sam­mel­mulden (mit ent­sprechen­der Kosten­folge) auf­ge­stellt hat. Dieser Aus­bau der Dienst­leistung hat aller­dings nichts mit der Um­stel­lung auf ge­trennte Samm­lung zu tun, sondern ist eine Reaktion auf Rekla­ma­tionen, weil es gerade in den beengten Ver­hält­nissen einer kleinen Wohnung müh­sam ist, wenn man Karton während bis zu zwei Monaten (statt wie frü­her maxi­mal einen Monat lang) lagern muss, bis Sammel­tag ist. Für alle anderen Kun­den Erziehung mit Klebern ist die Ser­vice-Quali­tät deut­lich schlechter geworden, weil mit dem alten System 12x pro Jahr, also jeden Monat sowohl Alt­papier als auch Alt­karton ab­ge­holt wurden. Neu wird zwar 19x pro Jahr gesammelt, aber eben getrennt, d.h. sowohl beim Alt­papier als auch beim Alt­karton haben wir neu weniger als 12 Samm­lungen pro Jahr, was ganz offen­sicht­lich eine Ver­schlech­terung dar­stellt. De facto müssen Papier und Karton mit dem neuen System z.T. viel länger ge­lagert werden als bei gemischter Samm­lung. Kommt dazu, dass nun die Stras­sen­ränder 19 Mal pro Jahr mit Karton­bergen und Papier­bündeln ver­stellt sind, statt wie bis anhin nur 12 Mal pro Jahr. Und dort, wo die Trenn­an­leitung nicht korrekt ver­standen oder um­ge­setzt wird (wer hat z.B. gewusst, dass eine Papier­trage­tasche als Karton zu ent­sorgen ist?), steht das zurück­ge­wiesene Sam­mel­gut nicht selten noch Tage später am Stras­sen­rand.

not surprised

So ist es keine Über­raschung, dass der Stadt­rat in seiner Ant­wort mittels Framing versucht, von den kata­stropha­len Fehl­ent­scheiden abzulenken. So schreibt er: Die Um­stel­lung von der ge­misch­ten zu einer ge­trennten Papier- bzw. Karton­samm­lung erfolgte aus­drück­lich auf­grund von öko­logischen wie auch recycling-technischen Aspekten. Solche Floskeln sind eine grobe Belei­di­gung für jeden halb­wegs normalen Verstand.

Gemäss Aus­kunft Werk­hof liegt die Ver­ant­wortung für diesen Ent­scheid bei der Ab­tei­lung Be­trieb Infra­struktur und Sport Silvia Dell'Aquila zu­sam­men mit der für den Werk­hof ver­ant­wort­lichen Stadt­rätin Silvia Dell'Aquila; auf LinkedIn lässt sie die Welt voller Stolz wissen: «No business as usual» — darf man fragen, wieso man einer solchen Person die Führung des Werk­hofs in die Hände legt? Hier würde es an­stel­le einer Ideo­login, die uns schon die «Kosten­neutrale» Digi­ta­li­sie­rung beim Grün­gut unge­fragt aufs Auge ge­drückt hat (jener Mega-Flop hat eben­falls fast 100'000 Franken gekostet), un­be­dingt je­man­den brauchen, der etwas von Business, Finanzen, Logistik und auch Opera­tions Research ver­steht. Und eine Prise ge­sunder Menschen­ver­stand wäre auch von Vor­teil...

Die ganze Übung ist jeden­falls ein Parade­beispiel für ESG-Ideo­logie: Die Um­stellung ist zwar ein kompletter Unsinn, aber es ist eine tolle Gelegen­heit, die ewig störrische Bevöl­kerung zu erziehen — und die irre­führende Propaganda beruhigt das Gewissen! Viele Unter­nehmen mit guten ESG-Ratings sind mittler­wile aller­dings zur folgenden, brutalen Erkenntnis gelangt:

go woke — go broke!

Die detaillierten Berechnungen (inkl. Annahmen) sehen so aus (und wer mit dem CO2-Gefummel selber etwas rum­spielen will, der kann das auf carboncare oder myclimate tun):

Berechnungen

Kurz zusammen­gefasst: Man hat die Kosten um mehr als 50% erhöht, und zwar für nichts und wieder nichts.

Die Stadt selbst hat die Zahlen in der Antwort (wie üblich) geschönt, indem wichtige Elemente für einen fairen Vergleich der beiden Systeme ignoriert wurden oder nur am Rande erwähnt sind:

  • Zusatzkosten
    Die erwähnten «diversen Kosten» im Rahmen der Umstellung im Betrag von CHF 47'250 sind zwar erwähnt, aber nicht wirk­lich in die städtische Kosten­auf­stellung ein­ge­flossen. Ich habe 50% dieser Kosten auf das Um­stellungs­jahr 2023 alloziert und die rest­lichen 50% über 10 Jahre ver­teilt an die Kosten in den Jahren 2023, 2024, ... bis 2032 ange­rechnet. Je nach Sicht­weise sind entweder die Kosten im 2023 höher [tiefer] als mit meiner An­nahme (und dafür sind die Mehr­kosten in den Folge­jahren tiefer [grösser]. Ich nehme an, die Kosten für die diversen Mailings und die übrigen Er­ziehungs­mass­nahmen (Kleber usw.) sind in den 47'250 Franken enthalten, aber wirk­lich wissen tun wir es nicht.
  • Verkürzte Lebens­dauer der Sammel­fahr­zeuge
    Nachdem die Sammel­fahr­zeuge mehr Strecke fahren (ins­gesamt 17 Sammel­touren à 350 km pro Jahr statt nur deren 12), sind sicher nicht nur die Unter­halts- und die Treib­stoff­kosten höher, sondern man muss auch rascher amor­ti­sieren, weil die um rund 2'500 km höhere Kilo­meter­leistung pro Jahr zu einer Re­duktion der Lebens­dauer führt. Es geht aus der Ant­wort des Stadt­rats leider nicht her­vor, ob diese Zusatz­kosten irgend­wo berück­sichtigt sind. Nach­dem so ein Sammel­fahrzeug problem­los 600'000 bis 800'000 Franken kosten kann, spielt es aber schon eine Rolle, ob die Lebens­dauer 9 oder 10 Jahre beträgt. Ganz sicher nicht be­rück­sichtigt sind «graue Energie» und die Ver­schlech­terung der CO2-Bilanz, die man sich mit der kürzeren Lebens­dauer ein­handelt, aber auch dafür haben die Ideo­logen dann sicher eine passende Antwort: Bei der Neu­be­schaffung muss es dann ein Elektro­sammel­wagen sein, der sicher 50% mehr kostet als ein bewährtes Sammel­fahr­zeug mit Diesel­antrieb.
  • CO2-Kom­pen­sation für zusätz­liche Fahrten fehlt
    Wie üblich er­wähnt der Stadt­rat in seiner Ant­wort die Vor­teile prominent (Reduktion der CO2-Emissionen durch Weg­fall von 9'800 LKW-Kilo­metern und Weg­fall des Sortier­prozesses), die Nach­teile werden dann aber unter­schlagen. Tatsache ist, dass für eine saubere Betrach­tung auch die zu­sätz­lich ge­fahrenen Sam­mel-Kilo­meter zu berück­sichtigen sind (19 statt 12 Fahrten) resp. CO2-mässig sauber zu kom­pen­sieren sind. Es handelt sich immer­hin um ca. 2'500 Zusatz­kilo­meter pro Jahr (7 Sam­mel­fahrten à 350km pro Jahr). Auf Nach­frage hat mir der Werk­hof bestätigt, dass die effektive Reduktion der gefahrenen LKW-Kilo­meter nur ca. 4'000 bis 5'000 km be­trägt, und nicht die ur­sprüng­lich behaupteten 9'800 km.
  • Keinerlei Beweise für die behaupteten CO2-Einsparungen
    Pro Jahr sollen ca. 7.6 t CO2 ein­ge­spart werden (brutto), und der Weg­fall des Sortier­prozesses in Utzenstorf soll die CO2-Emissionen eben­falls reduzieren. Es werden «Berechnungen» einer Firma CSD Ingenieure erwähnt, aber es werden keiner­lei Details geliefert, welche für die Über­prüfung der Behauptungen not­wendig wären. Nach­dem schon die ur­sprüng­lichen Angaben zu den LKW-Kilo­metern falsch war, gibt es keinen Grund dafür, den rest­lichen Behauptungen zu trauen. Ohne Kontrolle kann man solche Studien «rauchen». Ich wage mal zu behaupten, dass es in Bezug auf die CO2-Emissionen schluss­end­lich keine Rolle spielt, wo sortiert wird (in den Haus­halten oder bei der Transport AG in Aarau). Sub­optimal ist hin­gegen ver­mut­lich eine Sortierung in Utzenstorf, ausser diese Sortier­anlage liege am Weg in das finale Papier-/Karton-Reziklier­werk. Aber eben, Werk­hof und Stadt­rat wollen mit ihrer Antwort ja nicht auf­klären und mit Fakten über­zeugen, sondern man schreitet munter weiter auf dem Propa­ganda­pfad, weil es halt viel bequemer ist.

Ein weiterer Rohr­krepierer ist das «Gejammer» des Stadt­rats, dass sich die erwarteten Erlös­steige­rungen wegen Mengen­reduktionen nach dem Ende der Plandemie (äxgüsi, der Stadtrat hat natürlich Pandemie geschrieben) nicht materialisiert hätten. Dieser Versuch, das in jeder Dimension katastrophale Projekt schön­zu­reden, ist eine grobe Belei­di­gung für jeden halb­wegs normalen Intellekt. Man kann ja test­halber mal an­nehmen, der mit 22.19% aus­gewiesene Rück­gang (im Ver­gleich zum Durch­schnitt der beiden Jahre 2021 und 2022) hätte gar nicht statt­gefunden; so hätte man hypo­thetisch statt nur CHF 83'089 sagen­hafte CHF 106'785 ein­ge­nommen mit dem Ver­kauf des Sammel­guts — nur, es ist sogar einem Primar­schüler klar, dass auch mit diesem hypo­the­tischen Mehr­ertrag von 23'696 Franken, der bei gleich­bleibenden Mengen resul­tiert hätte, Geldverschwendung aus dem Verlust­projekt keine Gold­grube wird; es bleiben satte Ver­luste hängen, welche Aaraus Be­völ­kerung be­lasten. Ein­drück­lich ist, dass der Stadt­rat sich selbst für dieses totale Ver­sa­gen auf der Finanz­achse 5 von 10 möglichen Punkten gibt:

Schulterklopfen

Es ist wie beim Limbo: How low can you go? Diese Ideo­logen sind so weit ent­fernt von der Realität, dass sie ver­mut­lich noch Stolz sind auf ihr Projekt. In der Privat­wirt­schaft hätte man den Stöpsel schon nach der Vor­studie gezogen, aber in Aarau werden wir ver­mut­lich mit diesem Unsinn leben müssen, bis eine Mehr­heit der wählenden Bevöl­kerung auf­wacht und diese Ideo­logen abwählt. 2025 wird sich erst­mals Gelegen­heit bieten!

Das ideo­lo­gische Schulter­klopfen des Stadt­rats ist natür­lich keine Über­raschung. Man kennt es aus vielen anderen Projekten, sei es die Beruhigung der Bahnhofstrasse, die Einführung der Grüngut-Chips, die Aktion mit Mobility-Gutscheinen oder der Flop mit den Begegnunsorten. Mein persönliche Beurteilung: Totales Versagen in jeder relevanten Dimension, aber volle Punkte­zahl in der ESG-Dimension «Um­­­er­­­zie­­­hung» der Bevölkerung. Dem linken Stadt­rat ist jeden­falls kein Aufwand zu gross, um uns die UNO Agenda 2030 aufs Auge zu drücken. Falls es je einen Remake von Clockwork Orange geben sollte, Aarau bietet schon heute die perfekte Kulisse.



PS: Die AZ, das lokale Propaganda-Blättli von ch-media hat sich eben­falls ver­sucht in einer Analyse, aber wie üb­lich beschränkt man sich darauf, die Propa­ganda des Stadt­rats in ein wenig Prosa zu wickeln. Es fehlt in diesem Bericht von Florian Wicki eigent­lich alles, was Qualitäts­jour­nalismus aus­macht (und nein, 500+ connections auf LinkedIn und das Durch­laufen der Ringier Jour­nalisten­schule sind nicht hin­reichend, um in die Gilde der Qualitäts­jour­nalisten auf­zu­steigen). Ich weiss nicht, ob man es nicht besser kann, oder ob man es nicht besser machen will. In jedem Falle ist aber klar, dass das nächste Problem schon vor der Türe steht: Der An­griff der linken Globa­listen auf unsere Mei­nungs- und Infor­ma­tions­frei­heit...